Kennengelernt haben sie sich spätestens 1910, das Wunderkind und der Konzertmeister und Primarius.
Erich Wolfgang Korngold, geboren 1897 in Brünn, war nicht nur ein phänomenal begabter Pianist, er war auch, noch im Kindesalter, ein eigenständiger, kreativer Komponist. Als der Neunjährige Gustav Mahler eine eigene Komposition vorspielte, soll der ausgerufen haben: "Ein Genie!". Ähnlich beeindruckt war auch Richard Strauss.
1901 zog die Familie Korngold nach Wien und Julius Korngold wurde als Nachfolger von Eduard Hanslick Kritiker der "Neuen Freien Presse".
Der kleine Korngold trug schwer an der Last seines Namens, denn sein Vater war ein gefürchtete Musikkritiker. Gefürchtet, weil er rücksichtslos austeilen konnte. Und so mussten Erich und Julius immer damit rechnen, dass die Kritiker-Pfeile, die der Vater hinaus in die Musikwelt geschickt hatte, eines Tages zurückfliegen würden und den Sohn treffen könnten. Daher ließ Julius viele Werke des Sohnes nicht in Wien uraufführen, sondern in München, Hamburg oder Köln. Und wenn es eine Aufführung in Wien gab, war Julius so aufgeregt, dass er zu Hause bleiben musste.
Erich Wolfgang scheint recht robust gewesen zu sein, er hielt den dominanten, alles bestimmenden Vater aus und bewahrte sich viele Jahre lang seine Kindlichkeit und Fröhlichkeit. Nicht umsonst heißt eines seiner wichtigsten musikalischen Motive das des "fröhlichen Herzens".
Der Schneemann
Das erste musikalische Zusammentreffen von Arnold Rosé und Erich Wolfgang Korngold fand spätestens 1910 statt. Erich, der seit 1907 Kompositionsunterricht bei Alexander von Zemlinsky erhielt, hatte 1908 ein Stück für Klavier geschrieben, die Ballettpantomime "Der Schneemann". Die Wiener Hofoper hatte daran Interesse, und Zemlinsky orchestrierte das Stück.
Am 4. Oktober 1910 wurde das Werk in der Wiener Hofoper uraufgeführt. Auf dem Programm standen außerdem die Oper "Susannens Geheimnis" von Ermanno Wolf-Ferrari und das Ballett "Mondweibchen" von Richard von Goldberger.
Das Orchester der Hofoper wurde von Franz Schalk geleitet, das Violinsolo im "Der Schneemann" spielte Arnold Rosé.
In einer Kritik in der "Neuen Freie Presse" hieß es:
"Eine Musik, die an sich den Vergleich mit jeder Gattung des Pantomimengenres aufnimmt, die aber in ihrer hellen Grazie, ihrem überraschenden rhythmischen Reiz und in der kecken, oft in zwei Takten mit lakonischer Treffsicherheit hingesetzt Charakteristik verblüffend, ja fast beängstigend wirkt, wenn man an das zarte Knabenalter ihres Schöpfers denkt."
Zum Violinsolo in der Pantomime schrieb der Kritiker, dass es,
"von Arnold Rosé mit wunderbarer Süße und Wärme gespielt wurde, und dessen werbende, drängende und dabei immer wieder eigentümlich verkürzte Melodik derart fesselte, dass das stürmisch applaudierte Stück fast zur Wiederholung verlangt worden wäre. Der Erfolg war (…) sehr lebhaft und wuchs zu lauten Akklamationen an, als (…) der kleine Komponist des Werkchens vor der Rampe erschien, den das Publikum dann immer wieder sehen wollte. Es dürfte zum ersten Mal seit dem Bestehen der Oper geschehen sein, dass ein Tondichter in solch frühen Lebensjahren für den Beifall einer an derartiger Stätte aufgeführten Arbeit danken kann."
Kurz darauf, am 11. Dezember 1910, wurde im Wiener Bösendorfer-Saal Korngolds Klaviertrio in D-Dur aufgeführt, es trägt die Opusnummer 1.
Die Besetzung war illuster: Bruno Walter am Klavier, Arnold Rosé Violine, Friedrich Buxbaum Violoncello.
Arnolds Rosé wurde zum Förderer des jungen Komponisten.
Am 2. Mai 1917 führte er mit dem Rosé-Quartett und Franz Jellinek (Viola) und Franz Klein (Violoncello) das Streichsextett D-Dur op. 10 zum ersten Mal auf.
Am 4. Dezember 1918 gab Korngold, inzwischen 21 Jahre alt, ein Konzert mit dem Rosé-Quartett. Gespielt wurden das Klaviertrio op. 1, die Klaviersonate op. 2 und das Streichsextett op. 10.
"Glück, das mir verblieb": 1920 am 4. Dezember wurde zugleich in Hamburg (unter Egon Pollak) und Köln (unter Otto Klemperer) das wohl bekannteste Werk Korngolds uraufgeführt, die Oper "Die tote Stadt".
"Dem Rosé-Quartett gewidmet" – Korngolds Streichquartett Nr. 1 A-Dur op. 16
Am 8. Januar 1924 fand dann die Uraufführung von Korngolds Streichquartetts Nr. 1 A.Dur op. 16 statt. Es ist dem Rosé-Quartett gewidmet.
Das Werk ist gekennzeichnet durch die hohen technischen Anforderungen, vor allem im Zusammenspiel, und durch eine Vielzahl überraschender Einfälle.
Über den vierten Satz, das lyrische Finale, schrieb Korngold als Motto ein Zitat aus Shakespeares "Wie es euch gefällt":
"Wenn
Vögel singen, tirlirelirei:
Süß' Liebe liebt den Mai."
Und gab dem Motto musikalischen Ausdruck in einer Variation seines häufig verwendeten Motivs des "fröhlichen Herzens".
Weitere Werke, die vom Rosé-Quartett uraufgeführt wurden, waren 1930 die "Suite für 2 Violinen, Cello und Klavier für die linke Hand allein op. 23" (Klavier spielte Paul Wittgenstein, der im 1. Weltkrieg seinen rechten Arm verloren hatte) und 1934 das 2. Streichquartett.
Dann trennten sich die Wege von Arnold Rosé und Erich Wolfgang Korngold.
Korngold ging 1934 zum ersten Mal nach Amerika, wo er in Hollywood die Musik zu Max Reinhardts Film "A Midsummernight's Dream" arrangierte. Bis 1938 arbeitete Korngold abwechselnd in Hollywood und in Wien, im Januar 1938 wanderte er endgültig in die USA aus. Er wurde zu einem der erfolgreichsten Filmkomponisten, zu einem Pionier der Filmmusik, dessen Erbe bis in die Gegenwart weiterwirkt. Korngold wurde mit zwei Oscars ausgezeichnet. Nach dem Krieg versuchte er, als Komponist absoluter Musik wieder in Wien Fuß zu fassen, was aber misslang. Korngold starb am 29. November 1957 im Alter von nur 60 Jahren in Los Angeles.
(© MAS)
Informationen auf der englischsprachigen Seite der Korngold Society.